Tag 24: Very cool - Santiago

Blick über Santiago de Chile vom exklusiven W-Hotel. Rechts im Bild: der Titanium La Portada -
das höchste Hochhaus in Santiago, kurz vor der Vollendung. 

Wenn man aus Hamburg kommt, muss man sich in Sachen Architektur fast schon schämen: Während hierzulande für den Bau einer mittelgroße Philharmonie an der Elbe möglicherweise ein Jahrzehnt draufgeht und man im Urlaub gerne mal über das bauliche "Unvermögen" anderer Völkerstämme lächelt, macht Santiago de Chile vor, wie es geht. Mächtige Wolkenkratzer klettern in kürzester Bauzeit in den Himmel. Supermoderne Hotels lassen ihre Pools 80 Meter über der südamerikanischen Metropole errichten. Gewachsene Stadtteile mit kolonialem Charme werden in ihrer Ursprünglichkeit erhalten, gleich daneben entstehen mondäne Viertel aus Glas und Stahl aber mit viel Grün dazwischen. In Santiago haben die Stadtplaner gelernt, dass Monokultur in Sachen Büros und Banken zu toten Stadtteilen führen würde - und haben sie erst gar nicht gebaut. 

Modernste Architektur: Blick auf den Pool im 28. Stock des W Hotel Santiago, 80 Meter über der City.

Was sofort auffällt im Gegensatz zu Valparaíso: Santiago ist blitzsauber. Geht man in den Abendstunden noch einmal durch die Haupteinkaufstraßen oder die zentrumsnahen Viertel, sieht man Dutzende von Männern und Frauen in quietschorangenen Overalls den Besen schwinden. Das Ganze setzt sich auch in der U-Bahn fort. Alles ist wie geleckt und das mag auch daran liegen, dass man nur mithilfe moderner Chipkarten durch Drehkreuze auf die Bahnsteige gelangt. Jeder Stadtteil in Santiago ist per Metro schnell zu erreichen und auch für allein reisende Frauen ist die U-Bahn sehr sicher. Ohne sie würde die Metropolregion mit ihren 5,4 Millionen Einwohnern mit Sicherheit im Verkehrs-Chaos ersticken. Schon so ist tagsüber sehr viel Verkehr unterwegs, da schrecken scheinbar auch nicht die relativ hohen Mautgebühren auf den Ringautobahnen nicht ab. 
Leider ist unser Aufenthalt in Santiago auf nur zwei Tage beschränkt, da der Rückflug naht. Eigentlich kann man bequem vier Tage für die Erkundung der Stadt ansetzen. Denn langweilig wird sie nie. Wir haben das Glück, dass gerade ein langes Wochenende mit Feiertag am Freitag ist. Und das nutzen die Santiager für Ausflüge. Wie leer gefegt ist die City an solchen Tagen. Besser geht es nicht.
Klasse Farbenspiel: Die Busse und die
Straßenmarkieurngen in Santiago
Wir entscheiden uns für eine Kurztour per Metro, die ihren Ausgang im feinen Viertel Providencia nimmt. Nach nur einmaligem Umsteigen und 15 Minuten Fahrt steigen wir am "Plaza de Armas" im ältesten Stadtteil Santiagos aus. Gleich neben der von Joaquim Toesca erbauten Catedral Metropolitana. Hier am Platz befindet sich auch der legendäre Präsidenten-Palast "La Moneda", in dem 1973 jener berüchtigte Putsch der Generäle gegen Salvador Allende stattfand (die Einschüsse sind immer noch zu sehen). Auch heute noch ist der Putsch ein Thema, das für kontroverse Diskussionen sorgt, sobald man den Namen Pinochet in den Mund nimmt. Besser man überlässt die Debatten den Einheimischen.
Dutzende Museen gibt es zu sehen und an der Avenida Ahumada, lässt es sich ganz hervorragend Shoppen, während man in Richtung der großen Avenida Bernardo O'Higgins schlendert.

Was wirklich lohnt, ist ein Parkbesuch im nahen Cerro Santa Lucía und dem Schloss Hidalgo. Der Eintritt ist frei, und, wenn man die Zinnen der Anlage erklommen hat, eröffnet sich ein toller Blick über die City. Im Park steht auch eine kleine Kapelle und eine Statue des Konquistadoren und Stadtgründers Pedro de Valdavia (Ankuft 1570). Ein Tipp: Besser nicht an den Buden oder Kiosken von dem selbst hergestellten Eis kosten. Oft gibt es kurz danach eine böse Überraschung, wie uns ein schweißgebadeter Holländer auf seiner verzweifelten Suche nach einer Toilette versichert. Normale Eisdielen sind aber tiptop.

Im Park von Santa Lucía: Die Begegnung von alt und neu. Hier soll Pedro de Valdevia Santiago gegründet haben...

Wenn noch Zeit ist, sollte man das nahe Viertel Bellavista besuchen (das geht auch zu Fuß). Hier befindet sich das Haupthaus "La Chascona" des bekannten chilenischen Dichters Pablo Neruda, in dem dieser nach einem sehr bewegten Leben an den Folgen eines schweren Krebsleidens 1973 verstarb. Dies nur zwölf Tage nach dem Putsch der Generäle, so dass mittlerweile Zweifel an den Umständen des Todes des bekennenden Kommunisten aufgekommen sind. Erst vor Kurzem wurde seine Leiche - 40 Jahre nach seiner Beerdigung! - exhumiert, um die Überreste auf mögliche Vergiftungsspuren zu untersuchen. Bislang gab es allerdings keine Hinweise darauf.
La Chascona ist von der Pablo Neruda Foundation zu einer Art Wallfahrtstätte erhoben worden und ein großer Touristenmagnet. Gleich vor dem Haus hat unlängst ein Künstler ein großes Graffiti-Gemälde angebracht, dass auch Udo Lindenberg gemalt haben können. Sehr witztig.
Ganz im lindenbergschen Stil sollte man Bellavista, wo sich auch die große Universität befindet, erkunden. Hier tobt am Wochenende und auch unter der Woche abends das Nightlife Santiagos. Bunte Bars, neben Hardrock-Kneipen oder Disco-Clubs. Wer morgens vorbei schaut, wundert sich was die Santiager an Leergut hinterlassen. Hochsaison für die Getränke-Industrie. Wir sind am nächsten Tag froh, dass der Flug erst um 14 Uhr geht.

Ein Pablo Neruda Graffiti vor der La Chascona. So ein wenig erinnert es an Udo Lindenbergs Likörelle.










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