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Blick in den rauchenden Krater des Villarrica (2847m). |
Seit der Abzweigung an einer kleinen Ortschaft namens Coñaripe ist uns keine Menschenseele mehr begegnet. Kein Auto, kein Motorrad, kein Fußgänger. Es regnet nun unaufhörlich und die Straße ist nun so schmal und steinig, dass die Bodenfreiheit des Suzuki-Jeep (nie wieder Hertz!) so gerade eben ausreicht, im Dschungel nicht aufzusetzen. Nebel steigt wie Wasserdampf in die "grüne Hölle" und Radioempfang ist nur noch über AM möglich. Schnell entpuppt sich die Ruta T29 als die längere Strecke nach Pucón. Obwohl sie auf der Karte natürlich kürzer aussah. Aber auch ein Geländeabschnitt war auf der Tour geplant.
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Der Vulkan ist im Anflug unter der rechten Tragfläche zu sehen. |
Der gigantische Lago Villarrica ist die Touristenregion überhaupt. In der Sommersaison tummeln sich hier Backpacker, Familien, und Reisegruppen. Und auch das Establishment aus Santiago hat seine Villen um den See gebaut. Mondän und immer in bester Lage. Die hat man eigentlich überall rund um den See. Jetzt, in der Nebensaison, ist das sonst pulsierende Städtchen richtig friedlich. Viele Restaurants haben nicht geöffnet oder gelangweilte Bedienungen lehnen hinterm Tresen und surfen im Internet. Und genau in so einer Bar treffen wir Carlos. Ein ehemaliger Pilot der chilenischen Luftwaffe. Mitte 40, braungebrannt. Vor ihm steht ein Cristal-Bier. Scheinbar die beliebteste, weil billigste Marke in Chile. Über das durchaus trinkbare Pils kommen wir ins Gespräch. Und ärgern uns über die allerorten in Chile zu hohen Preise für den Gerstensaft. Unter 3 Euro (!) bekommt man in der Kneipe fast nie ein Bier (0,33l). Seltsam, kosten doch im Supermarkt 12 Dosen Cristal ungefähr dasselbe. Bei umgerechnet ca. 600 Euro Monatsdurchschnittslohn wird der Kneipengang für viele Chilenen und junge Backpacker aus Europa schnell unerschwinglich. Und dann schmeckt das Bier an der Bar natürlich auch nicht mehr.

Carlos ereifert sich verständlicherweise auch und dann kommt's: Nach dem fünften (ausgegebenen) Bier bietet er an, am nächsten Morgen gegen 11 Uhr bei Bezahlung von Kerosin und guter Laune mit uns und seiner alten Cessna Sky Hawk, also die 172er, bei gutem Wetter zum Vulkan Villarrica zu starten.
Kurzum, es wird ein Wahnsinnnstrip. Pünktlich, schon um sieben Uhr reißt das Wetter auf. Es ist - im totalen Gegensatz zum Tag zuvor - fast wolkenlos, fast windstill. Wir treffen uns auf dem kleinen Airport vom größeren Ort Villarrica und Carlos (der mit uns gleichzeitig ging!) wirkt frisch und unternehmungslustig. Eine Sicherheitseinweisung, von wegen Rauchen ist nicht, gibt es nicht, wir starten einfach, als der Vogel aufgetankt ist. Auf dem kleinen Sportflugplatz ist außer uns ohnehin niemand. Mit knatterndem, aber rund laufendem Motor, quält sich die ältere, wohl aus dem Baujahr 1976 stammende Cessna in den Himmel über Pucón. Nach etwa einer halben Stunde haben wir die 3000 Meter-Marke erreicht und schwenken ein - zum Vulkan, der heute Wolken aus dem Krater spuckt wie aus einem Fabrikschlot. Allerdings in reinstem weiß. Es werden drei unvergessliche Überflüge mit Carlos, der ganz zufrieden ist, dass es heute ruppige Thermik nur genau über dem Krater selbst gibt, der nun gerade einmal 150 Meter unter uns liegt. Es verschlägt einem die Sprache.
Am Tag zuvor hat es hier oben noch heftig geschneit. Fast ganz in weiß gehüllt, präsentiert sich der Villarrica und mit einer der angefragten Wandergruppen wäre man aufgrund der Schneelage gar nicht hinauf zum Kraterrand gekommen (was möglich ist). Minutenlang umkreisen wir den Vulkan und seine zerklüfteten Flanken. Der letzte Ausbruch liegt drei Jahre zurück - kurz nachdem großen Erdbeben von 2010 in Chile. Blau und weiß sind die Farben. Im Hintergrund der Lago Villarrica - was für ein Bild. Und die gute alte Cessna rumpelt brav ihre Runden. Bilder, die sich für immer ins Gedächtnis brennen und ab hier einfach für sich sprechen...
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