Tag 19: Home of the Hobbit

Das Bioreservat Huilo Huilo. Mittendrin steht das Hobbit-Hotel.
Als kleiner Junge, beim Spielen im Wald, hat man davon geträumt: ein Baumhaus in der Krone einer alten Buche mit allem erdenklichen Komfort, Holzstege in den Wipfeln der Tannen, so dass man nicht hinunter klettern muss. Das Baumhaus im heimatlichen Sauerland gab es übrigens (allerdings nur ein paar Bretter und eine olle Matratze). Was aber ein gewisser Herr Victor Petermann da in den dichten Wäldern im Süden Chiles, in Naturreservat Huilo Huilo, erschaffen hat, sucht Seinesgleichen. Steht man vor dem Wald-und Bio-Resort im entlegenen Naturschutzgebiet, fällt einem nur noch "Home of the Hobbit" ein. Petermann hat einen Jugendtraum wahr werden lassen. Auf höchstem Niveau und das Ganze auch noch nachhaltig... Es ist wie in einem Märchen.

Wie ein kleiner spitzer Berg ragt eines der beiden Hauptgebäude in den blauen Himmel über Huilo Huilo, was in der Sprache der Mapuche-Indianer soviel wie "Gletscherspalte" bedeutet. Moose und Farne wachsen auf den Außenwänden des ganz aus Holz geschaffenen Kegelhauses und von der Spitze plätschert ein (wenn auch künstlicher) Wasserfall an der Seite des Gebäudes in die Tiefe. Tatsache ist: man kann ganz normal im Hobbit Haus wohnen. Oder, etwas luxuriöser, im Nothofagus-Hotel Baobab, das man über lange urwüchsige, aus dunklem Holz errichtete Flure, Stege und Brücken erreicht. Auch das Baobab ist eine wundersame Konstruktion. Spiralenförmig windet sich ein Gang vom Erdgeschoss hinauf bis zum sechsten Stock. Auch hier ist alles aus Holz: die Decke, die Wände, die Möbel. Und die Ausstattung kann es mit jedem Luxushotel aufnehmen. Vom Suite-eigenen Balkon hat man einen fantastischen Blick auf den Vulkan Choshuencho (2415m) auf dem Victor Petermann dann auch gleich sein eigenes Skigebiet einrichten lies. Bis auf die Sommermonate kann man hier an der Flanke des Vulkans auf breiten Pisten wedeln. Praktisch, wenn einem die umliegenden, riesigen Ländereien ebenfalls gehören.
Das Nothofagus Baobab. Das zweite Hobbit-Hotel im chilenischen Urwald.
Petermann, der das gewaltige Gebiet wohl im Dunst der Pinochet-Ära erwarb und mit dem spanischen Stromgiganten Endesa durch die Wasserkraft beste Geschäfte macht, hatte sich bereits in den 90er Jahren entschlossen, der Region, den Menschen, die dort leben und vermutlich auch sich selbst etwas Gutes zu tun. Heute gehören neben den beiden Märchenhotels, ein weiteres See-Hotel, ein Cabaña Resort und eine eigene Mikro-Brauerei (vier Sorten!) mit zum Ensemble. Gleichzeitig hat sich Petermann aber auch der indigenen Mapuche-Bevölkerung angenommen und statt "nur" sichere Arbeitsplätze zu bieten, investiert seine Foundation in wirklich viele kulturelle und schulische Projekte.
Die Flur zu den Zimmern schlängelt sich wie eine
Wahrend der Hotelaufzug in den vierten Stock über den Wipfeln gleitet, sieht man plötzlich unten ein Golfkart über breite, in den Wald gebaute Holzstege fahren. Im Zickzack schlängeln sich die hölzernen Fahrstraßen für die Karts um die Bäume, manchmal ragt sogar noch hier und da ein Baum durch die Fahrbahn hindurch, den man dann vorsichtig umkurven sollte. Die beiden Märchenhotels sind umgeben von diesen in etwa 3 Metern Höhe "schwebenden" Fahrbahnen. Unglaublich, auf was für Ideen Petermann kommt. Zur Zeit baut er eine Teleferrico, eine Seilbahn auf den am Hotel nächsten gelegenen Berg - weil man von da eine schöne Aussicht auf die Umgebung hat.
Und der liebe Gott hat es auch mit dieser Ecke Chiles sehr gut gemeint. Bei einem mehrstündigen Spaziergang kann man drei bezaubernde Wasserfälle, den Salto Leona und den Salto Huilo Huilo sowie den Salto Puma erkunden. Kleine Trampelpfade schlängeln sich durch den ursprünglichen südamerikanischen Urwald. Seltene Vogelarten und auch Niederwild leben hier geschützt vor Jagd und Fallenstellern.
Eine gute echte Feuerwehr-Axt aus Deutschland.
Seinen ganzen Zauber entfalten die beiden Märchenhotels aber mit Einbruch der Dunkelheit. Auf dem Dach des Nothofagus Baobab kann man einen fantastischen Sonnenuntergang genießen. Auch hier ist ein bisschen noch der deutsche Einfluss des Herrn Petermann zu sehen. In einer Nische befinden sich große Notfalläxte mit der Aufschrift "Feuerwehraxt" bzw. die Aufzüge und Spa-Technik stammt ebenfalls aus Deutschland.
Die Restauration ist einzigartig, vom Ambiente ganz zu schweigen. Es gibt eine exzellente Speisekarte und für Allergiker werden sogar gluten- oder laktosefreie Gerichte zubereitet und glutenfreies Brot gereicht.

Das Spa ist übrigens der einzige Kritikpunkt, den man anbringen muss. Leider ist es völlig vernachlässigt. Es liegt, ebenfalls über lange Holzflure erreichbar, mittem im Wald. Doch alle Scheiben sind verdreckt, die Fliesen platzen von den Wänden der Duschen und der Sauna und im Außenpool schwimmt derart viel Laub und Astwerk, dass man besser keinen Fuß hineinsetzt. Immerhin ist der Innenpool schön warm. Wozu man dann noch gezwungen ist, eine äußerst alberne Badekappe aufzusetzen - ein Rätsel. Bei der Eröffnung war das Huilo Huilo Spa mit Sicherheit einTraum und mit ein bischen Arbeit und Pflege wäre auch die hollistische Außensauna-Anlage wieder herzustellen - jene kleinen moosbedeckten Sauna-Steinhäuschen, ebenfalls mitten im Zauberwald.
Ansonsten hat man den Eindruck, dass einem auf den Gängen oder in der Anlage zu jeder Zeit Frodo oder Bilbo Beutlin über den Weg laufen könnten. Nach zwei Tagen in Huilo Huilo fühlt man sich wirklich wie im Auenland - nur der Wald ist ein bisschen unheimlicher...
Der Salto Huilo Huilo stürzt aus 35 Metern Höhe hinab.
Die Bar der Anlage - alles ist aus Holz.
Einst ein Traum: Das Spa im Urwald. Leider ist es sehr vernachlässigt.

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