Tag 11: Das echte Kap Hoorn

Wahnsinns-Licht beim Sonnenuntergang. Die Stella Australis beim Auslaufen vor Ushuaia.
Das Licht der untergehenden Sonne sieht von Deck aus, als ob der Herrgott einen Glutofen in den Bergen angefacht hätte. Feurig leuchtend versinkt die Sonne hinter der Gebirgskette, als die Stella Australis den Hafen von Ushuaia verlässt. Alle Passagiere haben sich an Deck des kleinen chilenischen Explorer-Kreuzfahrtschiffs der Reederei Cruceros Australis versammelt, um dem gigantischen Anblick beizuwohnen. Das nächste Ziel am nächsten Morgen: Kap Hoorn. Jene sagenumwobene Inselgruppe, die den südlichsten Punkt Südamerikas bildet und deren Riffe zum kalten Grab so manchen Seemanns wurden.
Die Stella Australis ist mit ihren gerade einmal 105 Kabinen ein eher kleines Schiff (89 Meter lang, max. 210 Gäste). Aber eines, das technisch absolut top gewartet ist und sich wie aus dem Ei gepellt präsentiert. Rostige Stellen findet man auch drei Jahre nach Indienststellung in 2010 nicht, die Decksaufbauten erstrahlen in blitzsauberem Weiß. Die Möbel in den Salons sind Marke Kuschelig und die großen Panoramafenster immer geputzt. Dass es auf den Kabinen keine Fernseher oder anderen High Tech Schnickschnack gibt, macht wirklich gar nichts. Und auch dem Internet für ein paar Tage zu entkommen, entsetzt die jungen mitreisenden Amerikaner nicht so sehr, dass sie gleich über Bord springen.
Feuerland vom Wasser aus - einfach toll zu dokumentieren.
Das Publikum ist sehr gemischt. Unser Tisch mit der Nummer 34 ist mit Emma und Toni aus Australien und Wendy und Janice aus den USA als Tischgenossen wohl der mit den meisten angereisten Kilometern auf dem Buckel. Es wird viel gelacht, der Aussie-Humor ist unschlagbar und der chilenische Kellner namens Fabian hat gleich gemerkt, das er mit seinem Calefate-Bier schwer Punkten kann. Calefate ist eine süßlich schmeckende Blaubeerart, die die Chilenen gleich zu diversen Produkten verarbeiten. Zu Saft, zu Marmelade, aber auch als Geschmacksnote im Bier. In Feuerland und Patagonien sagt man, wer einmal von der Beere gekostet hat, kommt immer wieder zurück. Uns dient das Calafate-Bier der Australis-Brauerei erstmal als Bett-Hupferl - und verstärkt leicht das sanfte Rollen des Schiffes.
Am nächsten Morgen hat die Dünung sogar noch weiter zugenommen, obwohl es erstaunlicherweise fast windstill ist. Es ist noch kurz vor Sonnenaufgang und mit großem Getöse schmettern die großen Brecher an die Küste der Isla de Hornos. In Südamerika benennt man sie nicht nach der niederländischen Hoornse Austraalse Compagnie, deren Kapitän sie 1616 entdeckte, sondern nach "horno", dem Ofen, weil es ja Feuerland ist. Mit zwei Zodiacs, die unter Mühen bei der Schaukelei vom Heck per Kran abgefiert wurden, versucht ein Landungsteam der Stella Australis die Sicherheit bei der Anlandung zu erkunden. Schnell wird klar - es ist zu gefährlich. Wie Korken hüpfen die Schlauchboote auf den Wellen. Zwei Franzosen am Achterdeck sind so grün im Gesicht, dass sie sich lieber gleich unter Deck begeben.
Die Stella Australis in einem der zahllosen Fjorde.
Es herrscht Enttäuschung. Der Leuchtturm und das Albatros-Denkmal für die verstorbenen Seeleute dienen heute nicht als Fotomotiv, obwohl absolutes Kaiserwetter grüßt. Wo Pazifik und Atlantik zusammentreffen, da herrschen eben ganz eigene Gesetze. Doch Kapitän Oscar Sheward entscheidet sich, quasi als Entschädigung, den Kurs zu ändern. Während die normale Route die Rückfahrt durch den Beagle Kanal, also der Grenze zwischen Chile und Argentinien, vorsieht, umrunden wir wenige Seemeilen weiter südlich nun das echte Kap Hoorn, jene große Insel und eigentliche Trägerin des Namens. Der Leuchtturm und das Denkmal liegen auf einem Seitenarm der Insel etwas nördlicher. Auch beeindruckend: die Fahrt um die Isla Hermite und das "Falsche Kap Hoorn", das tatsächlich so heißt. Das ist aufgrund der Witterung oftmals nicht möglich. Und so sind alle irgendwie happy, doch noch zu echten Kap Hoorniers geworden zu sein...
Quelle: Wikipedia

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