Tag 23: Wäscheklammern und Gummistiefel



Die schrill bunten Furniculares (Kabinenaufzüge) erleichtern es, in die höher gelegenen Viertel von Valparaíso zu gelangen. Sie sind teilweise weit über 100 Jahre alt und im Originalzustand!
Boutique-Hotels sind nicht jedermanns Sache. Betonung liegt auf Mann. Denn dem fehlt in den kleinen, gepflegten, meist von Privatleuten betriebenen und durchaus edlen Stadt-Pensionen meist ein Pool zum Entspannen, eine richtige Bar, um Leute zu treffen. Und auf TV-Programme mit Fußball aus Europa wird auch nicht wirklich Wert gelegt. In Valparaíso, dem "Hafen" von Santiago de Chile, steigen wir im Zero ab. Top-Lage, am Hang über dem Hafen. Der Lady gefällt's richtig gut - doch gemeinsam erleben wir leider eine  Enttäuschung. Warum man bei einem Besuch in Valparaíso immer ein paar Gummistiefeln und eine Wäscheklammer im Gepäck haben sollte:



Zunächst einmal vorweg: der Pazifik ist auch im Herbst schon sehr kalt. Das merkt man am Wetter in Küstennähe. Über eine kurvenreiche Traumstraße für Biker fahren wir von Santa Cruz im Colcheagua entlang der Meeresküste nach Norden. Im Inland, so etwa 20 Kilometer von der Küste, zeigt das Thermometer gute 27 Grad Außentemperatur. Als sich die Straße aber Richtung Wasser bewegt, stürzt die Temperatur auf 19 Grad ab. Am "Strandhaus" des bekannten chilenischen Schriftstellers und Denkers Pablo Neruda in Isla Negra führt das sogar zu einem diesigen Schleier, der über dem Städtchen hängt. Da der Besucherandrang sehr groß ist, vielleicht auch wegen der Exhumierung seiner Leiche (es wird spekuliert, ob die Pinochet-Gefolgsleute den bekennenden Kommunisten ermordet haben), fahren wir gleich weiter.

Valparaíso, das fällt sofort auf, ist ärmlich, aber bunt. Zumindest in den Touristenvierteln. Und woanders wird sich ein Besucher kaum aufhalten, weil es schlichtweg wenig oder nichts zu sehen gäbe. Die Bewohner haben über die Jahrhunderte sämtliche  Hügel der 240.000 Einwohner zählenden Hafenstadt bebaut. Mit Häusern, aber auch Wellblechkon-struktionen, die aussehen, als würden sie beim nächsten Regen gleich vom Hang gespült. Der sehenswerte Teil Valparaísos beschränkt sich auf die Viertel in unmittelbarer Hafennähe am Fuße der Hügel und die Cerros (Viertel) auf den Bergen. Den von Ingenieurskunst beseelten Briten sei Dank, gibt es zu jedem höher gelegenen Cerro große Kabinenaufzüge, die ohne jeden Zweifel im über hundertjährigen Originalzustand sind. Die so genannten Furniculares. Auf Schienen werden die meist bunt bemalten Holzwaggons an Stahltrossen hinauf gezogen  Ein Nervenkitzel. Denn es rumpelt und knirscht und Sicherheitssysteme im Falle eines Seilrisses gibt es definitiv nicht. Ca. 50 Cent bis einen Euro kostet je nach Länge des Aufzugs umgerechnet die einfache Fahrt und allein schon die gusseisernen Drehkreuze und Zählwerke und die sichtbare Aufzugsmechanik in den "Berghäusern" ist großartig. Oben angekommen, kann man durch die Cerros spazieren, begegnet sogar deutscher und holländischer Architektur und jeder Menge bunter, in allen Farben gestrichenen Hauswänden. 
Vornehm, vornehm: die Hunde der Valparaíser. Dieser ist kein Streuner (das sieht man am Halsband).
Einst wohnten die reichen Leute unten, nah an ihren Kontorhäusern und dem Wasser. Das änderte sich aber rasch mit dem Aufkommen der Aufzüge und dem Problem des Abwassers. Damit wäre auch das Geheimnis der Wäscheklammer im Gepäck gelüftet. Denn auf "Wasserebene" stinkt Valparaíso zum Himmel. Einfach grauenhaft. Aus den Gullis und Abwässerkanälen entsteigt ein Odeur wie man ihm wohl nur im Innern eines Faulturms deutscher Klärwerke begegnen würde. Die reichen Leute daher weit vor der vorletzten  Jahrhundertwende allesamt auf die Hügel, wo natürlich eine immer vorhandene Brise vom Pazifik für Frischluft sorgt. In den Vierteln reihen sich Boutiquen, kleine Cafes und eben Hotels aneinander. Aber es gibt ein weiteres Problem. Die Valparaíser lieben Hunde.
Ohne Worte...
Und damit kommen wir zu den Gummistiefeln. Die hätte man eigentlich gleich anziehen müssen, denn alle fünf Minuten tritt man in eine "Tretmine". Die kleinen Bürgersteige sind übersät mit Hundekot, den die Besitzer der Vierbeiner schlicht nicht entfernen. Niemals haben wir eine Stadt mit mehr Hundedreck erlebt als Valparaíso. Die Stadtverwaltung wäre sehr gut beraten, das Nichtentfernen des Drecks unter Strafe zu stellen. Doch schlimm ist auch die Anzahl der herrenlosen Streuner. Sie leben ihr gar nicht mal schlechtes Hundeleben, bekommen sie doch von den Einwohnern regelmäßig Essensreste zugeworfen. Ansonsten reißen die Streuner auch schon mal gerne die Abfallsäcke auf, die leider auch allenthalben am Straßenrand stehen. Ein Hundeleben eben.
 Nach zwei Tagen haben wir - im wahrsten Sinne des Wortes -  vom "Paradiestal" die Schnauze voll und fahren zum Endpunkt unserer Reise - nach Santiago de Chile. 




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen