Tag 1: Brasilianische Hitze und kühle Schweden

Airport Sao Paulo - Hier fahren noch die guten alten VW Bullis als VIP-Shuttles.

Geduld geht echt anders. Wer den Internationalen Flughafen von Sao Paulo (und seine Beschilderung) kennt, den kann eigentlich nichts mehr erschüttern. So ist die Stimmung in der gefühlt drei Mal so langen Warteschlange wie für eine Achterbahnfahrt im Phantasialand alles andere als heiter. Zumal es nur noch 15 Minuten bis zum Abflug des Anschlussfluges sind und die Boeing 777 der TAM Airline aus Frankfurt schon zackige 2 1/2 Stunden Verspätung hatte. Bis zur Passkontrolle dauert es in dieser Schlange mit Sicherheit noch 30 Minuten. Man ist genervt. Nur die lustige Gruppe von Schweden, die sich vier Absperrbandwindungen hinter uns tummelt, bringt das scheinbar nicht aus der Ruhe. Offenbar fliegt die Smörrebröd-Kombo auch ins brasilianische Foz do Iguacu (das heißt wirklich so), um jene sagenhaften Wasserfälle an der argentinischen Grenze zu bestaunen.

Schon bei dem extrem verspäteten Abflug in Frankfurt waren die Schweden durch ihre eiskalte, ja geradezu stoische Ruhe aufgefallen, während alle anderen Passagiere schon schon mit den Hufen scharrten. Wie anders aber die Menschen (aus)ticken können, zeigt dann das kleine Drama an Bord der Maschine nach Foz de Iguacu.

Tumult vorm Cockpit: Die Brasilianer
waren schwer in Fahrt.

Aber der Reihe nach: Nachdem ein paar übereifrige brasilianische Sicherheitsbeamte zunächst das Stativ unserer Video-Kamera als Maschinengewehr identifiziert hatten, gelingt es durch langes Lamentieren und einen ungeahnten Seiteneingang doch noch die Anschlussmaschine nach Foz do Iguacu zu erreichen. Zu diesem Zeitpunkt stehen die Schweden immer noch in der Immigration-Schlange. Das sei hier der Ordnung halber noch rasch erwähnt.

Kaum die Gangway hinauf gekommen, starren uns sämtlicher Fluggäste im Airbus A320 mit wütenden Blicken an. Grund hierfür scheint zu sein, dass die TAM-Maschine extra auf uns gewartet hat. Reflexartig erfüllt uns Scham, da die armen Leute ja nun nicht planmäßig starten konnten. Doch es kommt ganz dicke. In einem unbedachten Moment verplappert sich der "Ramp Agent" am Funkgerät und die ersten beiden Sitzreihen der Brasilianer schnappen auf, dass die Maschine auch noch auf die 30 Schweden warten wird.

Endlich angekommen. Der A 320
auf dem Rollfeld von Foz de Iguacu.

Während nun in Deutschland die Fluggäste murrend aber schweigend einen solchen Schicksalsschlag verdauen würden, bricht vor dem Cockpit sofort Tumult aus. In einem einzigen Moment entzündet sich die ganze brasilianische Hitzigkeit. Selbst aus den hinteren Reihen stürmen Passagiere nach vorne, um ihrem Unmut lauthals Luft zu machen und beginnen das Kabinenpersonal wüst zu beschimpfen. Es ist wie in einem Film. Die Stimme einer etwas beleibteren Goldkettchenträgerin überschlägt sich kreischend, während zwei stattliche Brasilianer in Jogginganzügen dem Ramp Agent wild gestikulierend klar machen, das jetzt gestartet werden muss. Jetzt! Verspätung zu diesem Zeitpunkt - gerade mal eine gute Stunde.

Ganz ehrlich: Es sieht aus, als würden gleich die Fäuste fliegen. Doch dann, bevor die Stimmung wirklich kippt, ist er plötzlich da. Der wunderbare, steinalte VW Bulli, das Vorfeldfahrzeug mit niedlichem VIP-Aufkleber, das den Bus mit den Schweden zu unserem A320 gelotst hat. Als die unaufgeregten Schweden die Gangway hinauf kommen, brandet höhnischer Applaus auf, wohl auch ein paar unschöne Bemerkungen auf Portugiesisch. Aber dann endlich fliegen wir los. Zu den wohl schönsten Wasserfällen der Erde.

PS: Der Pilot hat beim Flug übrigens fast eine halbe Stunde wieder raus geholt. Bis zur Weltmeisterschaft sollten unsere brasilianischen Freunde in Sachen Gastfreundschaft etwas Contenance üben. Denn wenn die Maschine im Urlaub auf sie gewartet hätte, wären die hitzigen Brasilianer auch dankbar gewesen - so wie die Schweden, die wohl immer kühlen Kopf behalten...

 

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