Tag 3: Rapel - am Seil in die Schlucht

Adrenalin pur: 55 Meter über den Wasserfällen des Iguacu kann man sich als Tourist abseilen.

Gleich vorweg: Der TÜV hätte diese Anlage schon vor Jahren dicht gemacht. Keine Frage. Doch der sehr verwitterte Charme der Stahlkonstruktion des kranähnlichen Auslegers, der über die Schlucht des Iguacu ragt, erhöht so nur noch den Adrenalinspiegel. Daniel, braungebrannt und sehnig, ist der Coach fürs "Rapelling". Rapel ist eigentlich portugiesisch für Seil, die Amis machten daraus schnell ein Kunstwort und sprechen es ,räpällink' aus. 55 Meter über der Schlucht laufen von der Spitze des grünen Auslegers zwei Seile nebeneinander in die Tiefe. Bis unten zum Ufer des tosenden Iguacu. Von oben hat man einen wirklich schönen Blick auf die Fälle, der aber definitiv nur was für Schwindelfreie ist. Denn statt Planken hat man ein luftiges Drahtgeflecht unter den Füßen, dass einen permanent daran erinnert, wie hoch man hier ist.

Helme und Gurtzeug sind gottlob neueren Datums.
Daniel freut sich, dass ich die neue Rollei Bullet-Kamera aus Deutschland zum ersten Mal bei ihm ausprobiere. Mit einigen Handgriffen ist sie am Helm befestigt, um das Abseilen in die Schlucht auch brav mit Full HD festzuhalten. Ruhig legt mir Daniel das Gurtzeug an, das über beide Beine gestreift bis zur Hüfte hinauf gezogen wird. Eine Seilbremse aus Aluminium, wie sie auch Bergsteiger benutzen, wird eingeklinkt und an einem Karabiner mit Seil "üben" wir das Abseilen. Eine etwas kurze Übung für die, die nicht beim Bund so etwas schon mal machen mussten. Ich hab da Gott sei dank etwas Erfahrung und genieße einmal den Blick aus ungewohnter Perspektive auf die majestätischen Fälle. Unten auf dem Fluss legen gerade mächtige Schlauchboote mit Touristen ab, die in wenigen Minuten völlig durchnässt, sehr nah die Bekanntschaft mit den ungeheuerlichen Wassermassen machen dürfen. Eine beliebte Attraktion. Was man von Rapelling jetzt nicht so sagen kann. Ich bleibe auch in der nächsten Stunde der einzige und frage Daniel wie lange er glaubt, dass es dauert, bis die ganze Konstruktion einstürzen werde? Das trifft seinen Stolz. Die permanente Gischt sei Schuld am Rost und außerdem würde demnächst alles renoviert.
Da hinten gehts lang: Der Instruktor nimmt sich für eine Gäste die nötige Zeit.

Immerhin, die Seile, Karabiner und Abstiegshilfe sind neueren Datums und halten offenbar auch 90 Kilogramm. Darauf muss ich zumindest Vertrauen, als ich mich, wie von Daniel gefordert, einfach schön nach hinten in die Schlucht zurücklehnen soll. Unter mir ist - nichts. Jetzt schnell mit beiden Beinen abgestoßen und die Seilbremse laufen lassen - so geht es abwärts. Eigentlich ganz leicht, wenn man weiß, wie. Die Handschuhe schützen vor Verbrennungen und mit einer Hand am unteren Teil des Seils gibt man einfach immer etwas nach. Nach zehn Metern lasse ich mich hängen und genieße den Blick. Johlend passiert eine Gruppe Touristen im Schlauchboot ganz unten auf dem Fluss jetzt den Stahlturm. Die Leute hoffen - nicht ganz unberechtigt - offenbar auf das Video des Jahres. Doch das Seil hält. Und nach etwa 15 Minuten hat mich der feste Boden wieder.

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