Tag 2: Die Gurgel des Teufels



Abermillionen Liter Wasser rauschen in Sekunden aus 70 Metern in die Tiefe. Ein gigantisches Schauspiel - und man ist ganz nah dran.

Das dumpfe, unaufhörliche Dröhnen wird immer lauter. Je näher man den gewaltigen Wasserfällen mitten im tiefgrünen Dschungel an der Grenze zwischen Brasilien und Argentinien kommt. Wie ein dichter Schleier stauben Gischtfontänen aus bis zu 70 Metern Tiefe in den Himmel. Auf einem schmalen Steg kommt man ganz nah heran an die "Garganta del Diablo", der Gurgel des Teufels. Schon die ersten Europäer, jene spanischen Konquistadoren, die vor fast 500 Jahren zum ersten Mal vor diesem gewaltigen Naturschauspiel standen, waren fasziniert. Unvorstellbare Wassermassen des Iguacu stürzen hier von einer fast 2,7 Kilometer langen Abbruchkante in die Tiefe. Tosend. Brüllend. Am lautesten eben in der halbkreisförmigen Teufelskehle. Großes Wasser bedeutet der Name Iguacu in der Sprache der indigenen Guaraní-Indianer. Ein wahrhaft magischer Ort. Besonders, wenn frühmorgens die Sonne ihr Haupt über der Schlucht erhebt oder am Abend auf argentinischer Seite spektakulär versinkt.

Dichte Gischtschleier durchnässen jeden in Sekunden.
Zu dieser Zeit allerdings ist der Park geschlossen und man muss schon in einem der beiden einzigen (leider auch sehr teuren) Grandhotels im Nationalpark absteigen. Auf argentinischer Seite im äußerlich hässlichen, weil den 70iger Jahren entstammenden Sheraton oder im eleganten Belle Epoque Hotel "Das Cataratas" auf brasilianischer Seite. Wir steigen im rosafarbenen Kolonialstil-Palazzo ab und stellen fest, dass hier absolut alles vom Feinsten ist: Der Service, die bezaubernden Zimmer, das Ambiente und das Essen.
Die Wasserfälle sind zu Fuß ganz bequem erreichbar - und am frühen morgen und ab 17 Uhr am Nachmittag ohne jeglichen Touristenmengen zu genießen. Einfach einzigartig. Auf den teils betonierten Stegen und Treppen entlang der je nach Wasserstand bis zu 270 Fällen begegnen uns immer wieder drollige Nasenbären. Die haben gerade ihre Jungen bekommen und am morgen um 7 Uhr quert gleich eine ganze Familie die Straße vorm Hotel. Mit den ersten Sonnenstrahlen flattern auch sehr viele Schmetterlinge auf. Angeblich 300 Arten gibt es - jedoch in der Nähe der Fälle stört sie verständlicherweise die sprühende Gischt.
Die Nase am Boden: Ein Nasenbär überquert die Strasse im Nationalpark.

Wer den Wasserzauber von Iguacu besucht, sollte seine Kamera und sich selbst vor der omnipräsenten Nässe wirklich schützen. Statt die lächerlich wirkenden und sofort zerreißenden Zellophanregenmäntel zu kaufen, tut es eine Badehose, Schlappen und ein T-Shirt. Die Kamera entweder im wasserdichten Behälter oder einer dichten Tüte mitnehmen. Auch kommen durch Thermik und die mechanischen Winde der Fälle immer wieder Böen auf. Einem Amerikaner vor uns reißt es mal eben die Basecap vom Kopf, die im brausenden  Malstrom auf Nimmerwiedersehen verschwindet...


Foto- und Videofreaks kommen jedenfalls voll auf ihre Kosten. Man kann mit Blenden und Verschlusszeiten spielen, die Wassermassen mal einfrieren oder langzeitbelichtet verwischen lassen. Einfach cool. Vor allem das irre Licht am Morgen und am Abend. Man muss allerdings Glück mit dem Wetter haben. Konstant fünf Regentage pro Monat zählt man hier und beim Sonnenuntergang zieht von Argentinien aus dem Westen derart schnell ein Gewitter heran, dass das Licht von einer Minute auf die andere völlig anders ist. Hat aber was. Wen dann der warme Regen erwischt, dicht wie in einer Dusche, der freut sich mit Einbruch der Dunkelheit auf ein kaltes Bier und ein echt saftiges Steak. Denn das schmeckt teuflisch gut, hier, an der Gurgel des Teufels...
Das Hotel Das Cataratas auf der brasilianischen Seite der Wasserfälle. Der Kolonialstilbau wurde vor zwei Jahren vollständig renoviert.



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